Am 30.Mai ist der Weltuntergang…

goeckeLisa Göcke berichtet über die BBMM 2010 und das turbulente Drumherum:

Als ich die Bezirks-Blitzmannschaftsmeisterschaft auf den 30. Mai legte, habe ich mir darum keine großen Gedanken gemacht, ein Termin wie jeder andere. Oder?

„Am 30. Mai ist der Weltuntergang, wir leben nicht mehr lang, wir leben nicht mehr lang …“

Dieses Lied wurde früher gesungen, als ich noch Kind war. Wann war das bloß? Ich erinnere mich kaum. Und warum kam mir das ausgerechnet gestern wieder in den Sinn? Das werde ich euch hier erzählen.

Es fing damit an, daß das Spielmaterial des Bezirks in der Woche vorher von Volker Borowi nach Winsen gebracht werden sollte, da der SV Wesel dieses für unsere Jugendkreismeisterschaft ausgeliehen hatte. „Wann passt das am Besten?“, fragte Volker per eMail. Gleichzeitig meldete er „leider nur eine Mannschaft aus Wesel. Die Qualität kommt zum Blitzen, die Quantität treibt sich auf dem Weseler Schützenfest rum.“

Ich antwortete, er könne doch am Samstag kommen. Da wäre bei mir zu Hause unsere Vorstandssitzung, dann wären wir genug Leute zum Umladen. Alles klar.

Die Vorstandskollegen trafen ein, wir saßen im Garten und arbeiteten mehrere Stunden hochkonzentriert an etlichen Änderungen der BTO und an der Vorbereitung zur Vollversammlung. Anschließend druckte ich Meldebögen, Ergebniszettel, Zeitpläne, Tischnummern und was sonst so zu einer Blitzmeisterschaft benötigt wird. Auch den Schlepptop, Drucker und Zubehör packte ich ein. Alles war vorbereitet und ich legte mich hin.

Um 20.30 Uhr schoss ich wieder hoch. Das Spielmaterial! Volker war nicht dagewesen!

Ich rief bei ihm an, seine Mutter war dran und er samt Frau beim Schützenfest. Was nun? Wir schickten seinen Sohn los. Ich glaube, der fand das ganz toll, noch einmal so spät dort aufzutauchen und seinen Vater von der Tanzfläche zu holen. Eine halbe Stunde später rief Volker zurück. Er hatte uns vergessen. Also was blieb ihm anderes übrig, als das Material am Sonntagmorgen noch vor 8.00 Uhr nach Winsen zu schaffen. Ab sofort ging das Schützenfest für ihn alkoholfrei weiter.

Am nächsten Morgen stand Volker schon vor der Tür der Stadthalle, als ich ankam. Dort hatte am Vortag noch eine große Veranstaltung der Rotarier stattgefunden. Also konnte der Aufbau erst am Turniermorgen starten. Treffen der Winsener um 8.00 Uhr, Tische und Stühle aufbauen, anschließend das Material, Bretter, Figuren und Uhren. Tische beschriften, Kasse einrichten. Alles war pünktlich fertig und wir erwarteten unsere Gäste. Unser Bezirksvorsitzender Detlef Wickert erschien, um als Schiedsrichter vor Ort zu sein. Beim Blitzen gibt es ja doch immer wieder Meinungsverschiedenheiten und Wissenslücken, dann kocht manchmal das Temperament hoch, und davon haben auch Schachspieler genug, obwohl man das oft nicht merkt.

Auch unsere Jugendwartin Jutta Hagedorn war gekommen, um mich zu unterstützen, worüber ich sehr froh war und wofür ich mich noch einmal ganz herzlich bedanken möchte. Das Mannschaftsblitzturnier ist immer das härteste und anstrengendste Turnier des Jahres. Man kann keine Sekunde abschalten oder luftholen.

21 Mannschaften wurde angemeldet, die ersten trudeln ab 9.00 Uhr ein, die Breloher melden ihre Jugendmannschaft wieder ab. Also zwei Tische abbauen, damit keine Irritationen beim Rutschen entstehen.

Kurz vor 10.00 Uhr erscheint unangemeldet eine Mannschaft aus Bleckede. Also die vier Bretter wieder aufbauen. Und noch einmal alle Bretter auf schwarz und weiß überprüfen, da schon an vielen Tischen wie wild geblitzt wurde. Und richtig, etliche Bretter waren gedreht worden. Also schnell wieder zurückdrehen. Hinter uns her dreht ein ganz schlauer Spieler die Bretter zurück, weil er glaubt, wir machen das verkehrt. Der Blutdruck steigt!

Endlich geht es los, die erste Runde beginnt. Das ganze Turnier läuft wunderbar, alles ohne große Probleme, Detlef Wickert muß nur einige Male schlichten bzw. erklären. Jutta und ich haben alles im Griff, ich sie und sie mich, wir sind ja schon ein eingespieltes Team.

Die Mittagspause und die Essensausgabe klappt, und wie bei jedem Turnier gibt es auch diesmal wieder ein paar Spieler, die nölen, weil ihnen die Mittagspause zu lange dauert. Man könne doch schon früher wieder anfangen. Bei meinem ersten Turnier vor 24 Jahren habe ich mich davon verrückt machen und mich überreden lassen. Danach nie wieder.

Alle bekommen zu essen und können satt in die Finalrunden starten. Die ersten fünf Mannschaften jeder Vorrunde haben sich für das A-Finale qualifiziert. Die anderen treten im B-Finale an. Auch der Nachmittag verläuft ohne Unterbrechungen.

Zur Siegerehrung kommen wir superpünktlich zusammen. Detlef und ich ehren und verteilen Pokale und Medaillen. Michael Schönherr, Herausgeber der „Schachzeitung“, der für die SG Nordheide dabei ist, hat Preise mitgebracht, die ebenfalls verteilt werden.

(Sieger des A-Finales wurde übrigens der SK Verden mit den Spielern Matthias Westphal, Frank Strüssmann, Torsten Vetter und Rüdiger Thiel vor PSV Uelzen und SF Buxtehude).

Am Ende verabschieden sich die Gäste und die Winsener packen ein. Detlef holt mein Auto hinter die Halle und das Material wird verladen, bis nur noch der Fahrersitz frei ist. „Der Autoschlüssel steckt“, teilt er mir bei der Verabschiedung mit und verschwindet gen Heimat.

Ich packe noch die letzten Reste ein und verstaue Sofia auf der Gangschaltung. Tür zu, anschnallen und endlich nach Hause. Ich greife nach dem Schlüssel, um zu starten und greife ins Leere. Kein Schlüssel! Ich brauche einen Moment, um zu realisieren, was das bedeutet.

Kein Autoschlüssel – kein Haustürschlüssel.

Kein Haustürschlüssel – kein Telefon. Und keine Telefonnummer, um Detlef zurückzurufen.

Ich fange an zu suchen. Vielleicht ist der Schlüssel runter gefallen oder in einen der Kästen, ich räume das halbe Auto wieder aus. Nichts!

Meine Schwester hat einen Ersatzschlüssel für die Wohnung, dort liegt der zweite Schlüssel für das Auto. Ich lasse mir ein Taxi rufen. Nach Ewigkeiten trifft es ein. Ich hoffe, dass in der Zwischenzeit niemand das Auto ausräumt, ich kann es ja nicht abschließen. Zum Glück ist meine Schwester zu Hause, grad angekommen, welches Glück. Wir fahren zu mir, holen den Autoschlüssel, zurück zur Stadthalle.

Ich steige in mein Auto, Sofia auch, die mußte wieder mit, hält alles für einen großen Spaß. Ich starte den Wagen, meine Schwester hört das Geräusch und will losfahren. Aber das Auto springt nicht an. Die Batterie ist OK, das hört man, aber der Funke springt nicht über. Ich kann meine Schwester gerade noch mit Hupen stoppen. Wir probieren noch einige Male, aber umsonst. Meine Schwester fährt nach Hause, um meinen Schwager zu holen, der ist Kfz-Mechaniker, oder wie das auch heutzutage heißen mag.

Mein Schwager bekommt den Wagen nicht gestartet, auch ein Blick unter die Motorhaube und rütteln und drehen an den Zündkerzen nützt nichts. Wir beschließen, daß er mich abschleppt. Nun sucht er den Haken zum Anhängen an meinem Wagen. Keiner da. Dann muß der mit beim Werkzeug und dem Ersatzreifen liegen.

Ich öffne den Kofferraum und ihn trifft der Schlag. Der ganze Kofferraum ist voll mit Uhrenkoffern und Figurenkästen. Um an den Haken beim Ersatzreifen zu kommen, müssen wir alles auspacken. Und in dem Moment, als alles wieder auf der grünen Wiese steht, und wir uns über den Ersatzreifen hermachen wollen, sagt meine Schwester: „Lisa, hat der Wagen, der da hält, etwas mit deinem Schüssel zu tun?“ Wir tauchen aus dem Kofferraum auf und vor meinem Wagen steht ein anderes Auto. Detlef steigt aus und wedelt mit meinem Autoschlüssel. Zu Hause in Neu Wulmstorf hat er in die Tasche gefasst und ist dann sofort wieder gestartet.

Und, oh Wunder, mit diesem Schlüssel klappt das Starten und der Wagen springt an. Ich kann es gar nicht glauben. Jetzt Detlef noch kurz erwürgen und nichts wie los. Um kurz nach 19.00 Uhr, als ihr schon lange auf euren Sofas sitzt, komme ich endlich zu Hause an. Das Auspacken des Schachmaterials und die Veröffentlichung der Tabellen auf unserer Homepage verschiebe ich auf Montag. Wer dabei war weiß sowieso alles, die anderen müssen warten. Sie hätten ja mitspielen können.

Herzliche Grüße

Eure Lisa Göcke